Vulkanismus – Geothermie – Wasser – Art Deco

Zurück vom Auenland und den Hobbits verabschiede ich mich von meinen Schweizer Freunden Isi und Esther, sie fahren weiter nach Auckland wo der Flieger zur Heimreise auf dem Plan steht – ich wünsche einen guten Heimflug in die schöne Schweiz.

Meine Reise führt mich in die Mitte des Landes, nach Rotorua an den kreisrunden gleichnamigen See, eine mit Wasser vollgelaufene Kaldera. Dort, wo geothermische und vulkanologische Effekte an der Erdoberfläche stattfinden.

Dazu besuche ich zu allererst ein Geothermie Feld, das seinen englischen Namen einem Besuch von George Bernhard Shaw 1903 zu verdanken hat. Als er sah, was sich hier abspielt, fiel ihm sofort ein Name dafür ein; er nannte es ‚Gateway to Hell‘.

J.B.Shaw am ‚Tor zur Hölle‘

Den dort lebenden Maori gefiel der Literat so gut, dass sie seine Assoziation übernahmen und der Gegend den englischen Namen ‚Hells Gate‘ gaben. So besuche ich also das ‚Tor zur Hölle‘ und es handelt sich wirklich um einen Platz an dem uns Chemie und Physik zusammen mit der Hitze aus der Mitte der Erde zeigen, was wir ihr verdanken.

Entlang der befestigten Gehwege gehe ich von einem Loch im Boden, von einem Teich, kleinen See zum anderen und lerne, dass es sich um heißen Dampf (bis 300° C) und bei den Flüssigkeiten keineswegs nur um reines Wasser handelt. Vielmehr befindet sich hellgrauer bis pechschwarzer Schlamm in den Löchern, hat Temperaturen zwischen 40°C und 100°C und ist chemisch immer sauer; sein Säuregehalt reicht von ziemlich sauer (pH 2,0) vergleichbar mit Cola oder Zitronensaft bis zu leichter Säure von Mineralwasser (pH 6,0).

Lageplan mit allen heißen Tümpeln, dunklen Teichen
Medizinischer Badesee der Maori
Blubbern und ‚riechen‘
Es kocht im Topf
‚Schwarzes Loch‘

Die umgebende Hitze wird natürlich durch die herumwabernden Dampfwolken verstärkt und den Geruch vergisst man im Leben nicht mehr – mit der Zeit gewöhnt man sich aber auch daran.

Wieder eine andere Farbe im Weiher

In Rotorua verfügen viele Häuser durch die leicht nutzbare Geothermie (Rohr in die Erde und es kommt heißes Wasser) über eine natürliche Heizung und auch ein Hot-Tub, meist eine betonierte Wanne für mehrere Personen mit ständig nachlaufenden heißem Wasser, gehört quasi zur Grundausstattung.

Die neuen Siedler in Neuseeland fanden im 19. Jahrhundert eine über und über mit Urwald bewachsene Insel vor. Und obwohl mit den Maori schon seit mehr als 600 Jahren Menschen hier lebten, waren sie noch fast unberührt. Die neuen Siedler sahen darin aber in erster Linie eine schier nicht ausschöpfbare Quelle für Bau- und Brennholz. Sie begannen die richtig großen Bäume (zuerst die wunderbaren Kauri-Bäume) zu fällen und sie für ihre Zwecke, dem Haus- und Schiffbau zu nutzen. Schnell kamen sie aber zu dem Schluss, dass die Ressource nicht endlos reichen wird und begannen den Wald zu managen. So entstand unter anderen Anfang des 20. Jahrhunderts am Stadtrand von Rotorua ein Forst aus Redwoods, Bäume deren Setzlinge aus Kalifornien kamen und die hier viel schneller wuchsen, als dort. So gibt es nun heute 100-jährige Redwoods die nahezu 60 m hoch sind und einen Umfang von 15-18 m haben. Das brachte ein paar Leute auf die Idee einen Baumwipfelpfad in 10 m Höhe zu errichten und ihn bei Tag und Nacht für Besucher zu öffnen.

Hängebrücken in schwindelnder Höhe
20 m bis zum Boden
ziemlich lang und druchsichtig
Farnbäume von oben – echte Schönheiten

Schöne Eindrücke zu beiden Tageszeiten sind meiner Kamera nicht entgangen.

Und nun das ganze bei Nacht
Es wird schön bunt im Wald
Riesige Lampions
Farbenpracht zwischen den Hängebrücken
Viele Lichter zum Abschied

Eine weitere besondere Sehenswürdigkeit gibt etwa 80 km weiter südlich zu sehen. Dort hat sich der längste Fluss Neuseelands, der Waikato River einen Weg durch ein Lavafeld gebahnt. Er wird durch die Geologie von einem 100 m breiten Bett kommend auf eine 15 m breite und gut 230 m lange Rinne verengt.

Die ‚Rinne‘ – oberer Teil

Dabei wird das Wasser 10 m tief und läuft über zwei Kaskaden. Die erste ist nur einen Meter hoch und kaum zu sehen, doch die zweite am Ausgang der Schlucht hat eine Höhe von 11m und da rauscht es recht ordentlich über die Huka Falls.

Die ‚Rinne‘ – unterer Teil

Unter normalen Bedingungen laufen etwa 220 m³/sec. durch den Kanal, das würde ausreichen um ein olympisches 50 m Becken in etwa 11 sec volllaufen zu lassen. Natürlich kann man das Tosen des Wasserfalls hören,- lange bevor man ihn sieht.

Huka Falls

Das Wochenende ist für die Outdoor-Fanatiker, also die Kiwis, eine gute Gelegenheit, Dinge zu tun, die richtig Spaß machen. Viele hängen die Bootsanhänger an ihre Pick-ups und machen sich auf den Weg an den nächsten See. Eine eigene Zulassung für das Gewässer ist nicht nötig, man fährt mit dem Boot dorthin, wo es eine betonierte Rampe oder einen flachen Zugang zum See gibt.

Lazy Saturday am ‚Landing Café‘, Lake Tarawera

Also sehe ich nach, was da so alles los ist. Gleich auf dem Lake Tikitapu, oder englisch dem Blue Lake gibt es einen Renntag für schnelle Boote, die jeweils einen Wasserskifahrer in vollem Karacho hinter sich herziehen – Skijöring auf dem Wasser. Ein mit Bojen abgesteckter Dreieckskurs ist die Rennstrecke.

Skijöring auf dem Wasser

Als ich ankomme ist ein Rennen voll im Gange, Runde um Runde rauschen die stark motorisierten Boote an mir, vorbei in ihrem Kielwasser einen voll konzentrierten Wasserskifahrer.  Sturz war bei dem Rennen keiner zu verzeichnen, obwohl diese Sportart für mich reichlich gefährlich aussah.

Jedenfalls, so denke ich, wäre auf einem unserer oberbayrischen Seen so eine Veranstaltung undenkbar – ‚gesellschaftlich nicht  mehr vermittelbar‘ – so heißt das wohl – auf alle Fälle unzeitgemäß. Doch mit der Entfernung von Europa, nimmt die Freiheit für und Freude an solchen Spassveranstaltungen zu, sie werden nicht nur geduldet.

Mein Weg führt mich weiter nach Osten, an die Pazifische Küste, in eine Stadt, die bereits im Jahr 2000 auf dem Programm stand. Doch Ende November hatten wir einige sehr kalte und regnerische Tage.

Rotorua – Napier

So kamen wir mit unseren Motorrädern in Napier bei etwa 10°C an und verließen es am nächsten Tag bei 3°C und Regen. Auf den Gipfeln der umliegenden, ca. 400 m hohen Hügeln lag Schnee. Wir wussten natürlich um die Besonderheit der Stadt und bevor wir weiterfuhren wollten wir uns einen kleinen Eindruck verschaffen. Im Regen drehten wir  eine Runde durch die Hauptstrasse und konnten von ihrer Schönheit praktisch nichts aufnehmen – schade für damals und für mich ein besonderer Grund nochmals herzukommen.

Ich mache also Halt für zwei Nächte und nehme mir so einen ganzen Tag Zeit für diese außergewöhnliche Stadt vor. Sie liegt an der Hawke’s Bay und beim Blick nach Osten kommt die nächste Küste erst in Chile – man sieht also nichts als Ozean. Kein Wunder, dass immer wieder ein größeres Schiff vorbeizieht und natürlich auch immer wieder ein Kreuzfahrtschiff im Hafen festmacht.

Schwarzer Lava-Strand

Doch die eigentliche Story spielt sich an Land und zwar hier mitten in der Stadt ab. Deshalb hier die Kurzfassung: In den 1930 er Jahren, die große Depression war voll im Gange und schlug auch in Neuseeland zu. Die Stadt erlebte eine sehr harte Zeit, als am 3. Februar 1931 die Erde mit einer Magnitude von 7,8 bebte. Fast alle Häuser waren demoliert und kaum eines mehr zu bewohnen. In und um Napier hob sich das Land um etwa 2 m, es mussten viele Meschen evakuiert werden.

Die Leute hatten eine harte Zeit des Wiederaufbaus vor sich, doch sie wollten dem Geschmack der Zeit auf alle Fälle Rechnung tragen und bauten die Stadt im Art Deco Stil wieder auf. Alle Fassaden im City Center stellen somit eines der feinsten und größten Art Deco Ensembles weltweit dar.

Hier ein paar Eindrücke, nicht nur für Architekten oder Liebhaber von Charleston, Jazz und schlanken Tänzerinnen und Tänzern mit Sektschalen.

Napier – die Art Deco Stadt
Art Deco – das volle Programm
Feine Details an der Fassade
Die richtigen Autos gehören zur Stadt

Nun kommt die Moped-Zeit, das wird auch für mich spannend, drum bleibt neugierig und dem Blog gewogen.

2 Antworten auf „Vulkanismus – Geothermie – Wasser – Art Deco“

  1. Lieber Paul,
    Vielen Dank für Deine Reiseberichte. Sie sind, wie immer, sehr interessant und sehenswert, tolle Eindrücke, tolle Fotos!
    Sehr schön, wie die eigene NZ Reise wieder in Erinnerung gebracht wird.
    Liebe Grüße und weiterhin eine gute Reise
    Wolfgang

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