Von Elizabeth, meiner ersten Gastgeberin – einer ehemaligen Lehrerin in den Northlands – lernte ich, dass sie auf Maoriland lebt und es sogar besitzt. Ein eher ungewöhnlicher Zustand, denn die Maori verkaufen kein Land, denn wie sie sagen besitzen sie es nicht, sie leben auf dem Land und verstehen sich als Teil des Landes – und wer kann schon sich selbst verkaufen? Diese Haltung war auch Grund für ein fundamentales Missverständnis zwischen den Engländern und den Maori in der Folge der ‚Treaty of Waitangi‘ von 1834.
Sollten einzelne Leute ihren Teil des gemeinsamen Landes nun doch verkaufen wollen, müssen sie über einen ziemlich komplizierten Prozess das Land erst mit einem ‚titel‘ versehen – das ist eine amtlicher Eintrag ins Grundbuch, so würden wir das sagen. Erst wenn dieser ‚titel‘ ausgestellt ist, ist das Land käuflich.
Meine Gastgeberin konnte auf diese Art ein Stück Land erwerben, was sie quasi zugleich zu einer Mitbewohnerin des Maori-Dorfes werden ließ. Sie nimmt, so erzählt sie, seither regelmäßig an allen Sitzungen teil, die der Gemeinde gelten, gibt auch ihre Stimme ab und ist so über die Zeit zu einer akzeptierten Mitbewohnerin der Gemeinde geworden. Es tut sich da eine Welt der friedlichen Koexistenz von Zugewanderten und ‚Immer-schon-da-gewesenen‘ auf.
Diese Gedanken hin und her wägend verlasse ich mein erstes Refugium auf der Insel und queere mit der Fähre die Bucht – kostet zwar, aber spart 20 km – um auf den State Highway 1 und dann weiter den SH12 an der Ostküste entlang nach Norden zu fahren.
Wieder komme ich in Kawakawa vorbei, eine Town, wie sie hier sagen, eben eine sehr kleine Kleinstadt mit seinen zwei besonderen Sehenswürdigkeiten.
Die erste ist stationär und nach unserem Geschmack eher trivial – nämlich die öffentlichen Toiletten und die zweite ist beweglich, nämlich die ‚Bay of Islands Vintage Railway‘, deren Gleise in der Mitte der Hauptstraße verlaufen.


Die öffentlichen Toiletten sind jedoch in diesem Fall etwas ganz Besonders, denn sie wurden von Friedensreich Hundertwasser entworfen und im 1999 fertig gestellt. Sie sehen genauso typisch aus, wie seine Gebäude in Wien.



Irgendwie fühlt es sich an, als ob die Toiletten neben den Kuchlbauer-Weißbierturm in Abensberg gehörten. Hundertwasser hat hier gelebt und hat sie der Stadt zum Geschenk gemacht.
Und ähnlich, wie sich Landshut mit dem Erbe von Fritz König schwertut, war und ist es auch hier in Kawakawa. Es hat fast 20 Jahre gedauert, bis die Stadt sich durchgerungen hat einen Hundertwasser Memorial Park mit einem quasi Museum zu bauen, für das 5 NZ$ Eintritt verlangt wird und kein Original von Hundertwasser zu sehen ist – nur Fotos und erklärende Tafeln – mehr ein Erinnerungsplatz als ein Museum.


Kleine Geschichte am Rande: die Toiletten wurden 1999 eingeweiht, im Jahr darauf begannen die Planungsarbeiten für den Kuchlbauer-Turm. Nicht nur um diese zu begleiten, sondern um wieder mal der Heimat einen allfälligen Besuch abzustatten, bestieg Hundertwasser die ‚Queen Elizabeth II‘ in Auckland, die ihn nach Europa bringen sollte – fliegen lehnte er kategorisch ab. Kurz vor Brisbane starb er am 19. Februar 2000 an Bord des Schiffes. So kam er nie mehr nach Europa zurück – er wurde vielmehr auf seinem Grundstück in Neuseeland begraben, auf seinem Grab wurde ein Tulpenbaum gepflanzt.
Meine Reise führt mich weiter an der Nordküste entlang. Herrliche Ausblicke, einsame Strände ein paar Kilometer von der Hauptstraße entfernt und auch immer wieder geschichtsträchtige Ortschafen liegen auf meinem Weg.
So auch Mangōnui, ein kleines Fischerdorf am südlichen Ende der ‚Doubtless Bay‘. Man sagt, sie hieße so, weil der erste Offizier von James Cook sagte: „zweifellos eine Bucht“ – „doubtless a bay“, als sie auf hoher See daran vorbeifuhren und sich den Weg in eine Sackgasse sparen wollten.

In Mangōnui gibt es das nördlichste Hotel Neuseelands, gleich daneben ein gutes Restaurant für einen Mittagssnack und gegenüber den Mangōnui Fish Shop mit guten Fish & Chips.
Zum Hotel gibt es eine Story, die mir mein australischer Kiwi-Freund – Damien – nicht schreiben wollte – vermutlich passt die nicht in eine geschriebene Form. Dann eben mündlich und für den Blog muss sie geheim bleiben.
Von Kaitaia aus breche ich dann auf die Fahrt zum Cape Reinga auf. Grünes Weideland für Kühe und Schafe und gepflanzte Forste bis hin zu natürlich belassenen Wäldern mit den typischen Farnbäumen und allen anderen endemischen Pflanzen. Hier wurde auch der Kiwi, der Hennen große Laufvogel wieder ausgesiedelt und kommt scheinbar auch durch, obwohl sie immer noch für Katzen, Hunde, Possums und auch Ratten leichte Beute sind.

So führt mich die Straße in den hohen Norden – wieder einmal zu einem Nordkap – mit immer weniger Autos je näher ich dem Cape Reinga komme. Man dachte ursprünglich es wäre der nördlichste Punkt Neuseelands, stimmt aber nicht, denn 30 km weiter östlich ragt ein Fels vom Festland aus 3 km weiter nach Norden. Mir macht das nichts, ich bin eh nicht so für Extreme, das Cape ist sicher der schönere Punkt.


Ich bin verzaubert von dem Flecken Erde – und sogar eine einheimische Zikade lässt sich am Stamm einer verblühten Agave fotografieren.

Auf dem Rückweg besuche ich die Plätze, die ich auf der Hinfahrt vermieden hab, um vor den Wolken am Cape zu sein. Nur ein paar Kilometer südlich türmen sich von der Westküste her riesige Dünen auf. Sie heißen hier ‚Giant Sand Dunes‘ und das sind sie wirklich – gigantisch!

Sie zu erklimmen macht nur sehr eingeschränkten Spaß und so bin ich mit einer moderaten Höhe zufrieden und drehe wieder um. Schließlich stehen noch ein paar weitere Punkte von Interesse an.
Das ist vor allem der ’90 Mile Beach‘ – der Name stammt noch aus Zeiten als hier noch das Imperiale Messsystem mit inches, feet, yards und miles galt. Doch das macht den Sandstreifen an der Westküste nicht weniger interessant. An zwei verschiedenen Stellen fahre ich bis an die Rampe zur Beach, doch 30 cm hoher, lockerer Sand nehmen mir schnell die Idee auf den Strand zu fahren. Zu Fuß laufe ich die paar letzten Meter um auf der Piste zu stehen. Beeindruckend, wie hart der Sand ist und wie die Autos da entlang rauschen.
Doch von den Tourguides auf Fraser Island in Australien habe ich gelernt, dass es für die Autos langfristig quasi tödlich ist, wenn sie hier auf dem salzigen Sand fahren – das Salzwasser ist ungnädig!


Ein echtes Schmankerl finde ich rein zufällig, weil ich einem Touristenbus auf einen Parkplatz einer Galerie und eines Cafés folge. Nicht nur dass es hier einen guten ‚Flat White‘ vulgo Cappuccino mit einer wunderbaren Schnitte Luise (Marmelade und Kokos) gibt,

es gibt auch jede Menge Kunsthandwerk aus Kauri-Holz zu bestaunen.



Nun kommt Auckland und eine verzauberte Sagenwelt als nächstes – einfach dranbleiben.
Danke lieber Paul, schöne und interessante Eindrücke von Auckland bis Cap Reinga.
Da kommen wunderbare Erinnerungen unserer Autearoa (Neuseeland) Reise von 2004 auf.
Vielen Dank und weiterhin eine gute Reise.
Wolfgang und Marita
Lieber Paul, es macht sooooo Spaß deine Reiseberichte zu lesen. Weiterhin gute Reise
Hejhej Paul,
So schöne Berichte! Wunderbar zu lesen! Toller Schreibstil!
Ich freu mich schon auf die nächsten Berichte und so wunderschönen Fotos!
Weiterhin gute Reise!
LG Meike