Unterwegs in der Heimat von Zeus, Hera, Apollon, Poseidon und Athene und Abschluss des Magischen Dreiecks Europas

19. September bis 21. Oktorber 2022

Die Champion Jet 2, eine Highspeed-Fähre (Reisegeschwindigkeit: 65 km/h) bringt mich anderntags auf die Insel Santorin – eine Touristenfalle, wie mir auf der Insel ein Einheimischer sagt und wie ich auch selber schnell feststellen kann.

Die Kaldera von Santorin ist Hafen und Reede zugleich

Die Fähre kommt in der versunkenen Kaldera an, von wo sich eine steile Straße in Serpentinen auf den Rücken des Kraterrandes hinaufwindet. Ich beziehe mein Zimmer in einem Hotel weit außerhalb des nächsten Dorfes, es liegt an der Straße nach Akrotiri. In Alt-Akrotiri wurde, wie auf Kreta, eine Siedlung der minoischen Kultur ausgegraben. Sie ist die wirkliche Attraktion auf Santorin, hat aber nicht viel zu tun mit den wahren Touristenströmen. Diese kommen mit großen Fähren sehr oft zu Fuß oder mit Kreuzfahrschiffen (bis zu 5 an jedem Tag) und werden mit Bussen und Vans über die Insel gefahren.

Santorin – Sehnsuchtsort auf allen Kreuzfahten
… und so sieht das Klischee aus: weiß – blau – griechisch

Besonders auf der Ostseite und im Norden wurden die Ortschaften vollständig in weiß getüncht, es ist die Klischee-Farbe der Insel und suggeriert besondere Authentizität. Es sind jedoch die wirklichen Touristenfallen der Insel – wie mir ein Insel-Einheimischer später auf der Fähre nach Piräus erklärt. „Santorin und Mykonos sind unsere Gelddruckmaschinen, wenn du ursprüngliche Inseln sehen willst, fahr woanders hin – Milos oder Kos“ ist sein Hinweis für einen Motorradfreund.

Hier kommt die Fähre wie an der Schnur gezogen

Ich bin recht froh, als ich die einlaufende Fähre auf mich zukommen sehe.

Von hier aus führt mich mein Weg nach Piräus, der Hafenstadt von Athen – es ist wohl immer noch eine griechische Stadt, doch der Hafen ist durch und durch chinesisch.

Mein Hotel ist vom Hafen aus gleich um die Ecke und auch dort findet sich kein aus meiner Sicht ‚sicherer Unterstellplatz‘ für mein Motorrad. Wie in Heraklion parke ich meine Perla Negra II auf der Straße vor dem Hotel und sie bleibt für die zwei Tage vollkommen unberührt dort stehen.

Die Akropolis von meine Balkon in Piräus aus gesehen – da muss ich hin

Eigentlich habe ich Athen nicht auf meiner Agenda, aber wenn ich schon mal quasi in der Stadt bin nehme ich doch einfach die U-Bahn, um dem bekannten Chaos auf der Straße zu entgehen – und tatsächlich stellt sich sie sich als beste Wahl für den Transport in der Metropole heraus.

Sie bringt mich ohne Hindernisse an den wichtigsten Ort in der Hauptstadt – die Akropolis.

Der Parthenon – Tempel der Stadtgöttin Pallas Athena Parthenos

Ausgiebig sehe ich mir den heiligen Berg der Stadt an und stromere durch das ausgedehnte Heiligtum. Leider ist das Parthenon schon seit Jahren eingerüstet und ein Spaziergang durch das „Jungfrauengemach“, wie es aus dem Altgriechischen übersetzt heißt, ist nicht möglich. Doch die Gesamtanlage ist sehr beeindruckend und verschlingt leicht einen ganzen Tag.

Karyatiden tragen den Seitenflügel des Erechtheion
Dionysostheater mit Blick über Athen

Weiter geht es wieder mit dem Schiff, doch meine Fähre nach Lesbos legt erst am Abend ab, sodass noch genug Zeit bleibt, an das legendäre Cap Sounion zu fahren und dem Poseidon Tempel einen Besuch abzustatten.

Cap Sounion liegt vor mir

Weil es der südlichste Punkt der Halbinsel Attika ist, gibt es freien Blick nach Westen und deshalb sind dort die viel bestaunten, gemalten und fotografierten Sonnenuntergänge zu sehen, sie werden von alters her wegen ihrer Schönheit gerühmt. Doch ich tauche hier am Vormittag auf und erlebe einen sonnigen Tag mit einer Kassiererin, die mir 10,00 EUR Eintritt abnimmt obwohl ich die Grenze zum bevorzugten Oldie längst überschritten habe. Als ich sie darauf anspreche, sagt sie mir, sie hätte mich nicht für soo alt gehalten – gut gehalten, sagt sie – gibt mir mit einem Lächeln 5,00 EUR zurück und tauscht die Eintrittskarte anstandslos aus. Mir hats geschmeichelt und gelacht haben wir beide von Herzen!

Der Capain grüßt Neptun und hofft auf gute Seefahrt

Übernacht bringt mich die Fähre von Piräus nach Mytilini auf Lesbos. Diesmal bin ich auf spiegelglatter See unterwegs und kann die Nacht wunderbar durchschlafen.

Wir verlassen den Hafen von Piräus (比雷埃夫斯)

Auf der Insel übernachte ich als einziger und für die Saison letzter Gast in einem Ressorthotel, in dem mich der Chef höchstpersönlich betreut.

Bei meinem Ausflug an die Westküste komme ich an einer großen Fundstelle versteinerter Bäume vorbei – ich dachte sowas gäbe es nur in Amerika – hier liegen die Trümmer einfach so am Straßenrand rum

Versteinerter Baum – gibts nicht nur in Amerika

In Petra einem kleinen Fischer- und Ferienort und Mithymna, den größeren Ort und wohl auch das bedeutendere Zentrum an der Nordküste bekomme ich das Gefühl, dass die Uhr auf der Insel doch etwas langsamer tickt als in der Hauptstadt.

Mithymna

Hier ist alles sehr ländlich und man kennt einander.

Mein nächstes Ziel liegt nun nur 10 km östlich, quasi in Steinwurfnähe, aber schon in der Türkei. Ich brauche also eine Fähre von Mytilini nach Ayvalik, was aus politischen Gründen immer wieder mal schwierig zu sein scheint – vorab ist sie jedoch im Internet nicht buchbar – ich finde schlicht kein passendes Angebot. Das bringt jetzt wieder meinen Gastgeber auf den Plan. Er hängt sich an sein Handy und hilft, die Fährverbindung nach Ayvalik/Türkei für mich ausfindig zu machen. Schließlich kann ich in Mytilini ein Ticket gegen Barzahlung kaufen. Muss nur noch die Fähre fahren.

Auf dem Weg zum Hafen komme ich in Moria vorbei, wo vor ziemlich genau 2 Jahren das dortige Flüchtlingslager niedergebrannt ist. Auf dem Hügel stehen mittlerweile geordnet in Reih und Glied weiße Baracken und es ist ganz ruhig – es scheint niemand anwesend zu sein. Das um ein Vielfaches größere Auffanglage finde ich direkt an der Küste, ein paar Kilometer nördlich von Mytilini. Trotz der scheinbar geordneten Strukturen ist es kein schöner Anblick und ich vermeide in der Nähe meine Kamera in Gang zu setzen. Der Eindruck, an einem neuralgischen Punkt zu sein, vermittelt sich sehr schnell und so suchen ich lieber wieder das Weite, um keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Schließlich will ich ja noch weiter in die Türkei.

Statement auf einem ausrangierten Lagerhaus in der Nähe von Moria
Auf Wiedersehen schönes Land – Griechenland

Und tatsächlich bringt mich eine kleine Fähre am Abend über die Meerenge hinüber nach Ayvalik, wo ich schon mal vor 9 Jahren war, als die antiken Stätten an der Küste Kleinasiens im Mittelpunkt standen.

Es gibt sie – sie fährt auch – und ich bin drauf!!!

Nun bin ich nur noch etwa 300 km von Istanbul entfernt. Es ist mein eigentliches Ziel zur Vollendung des Magischen Dreiecks, doch in der Stadt zieht gerade fürchterlich schlechtes Wetter mit Regen und Gewitter auf, was meine Lust, dorthin zu fahren auf ‚Null‘ setzt. Da das für die nächsten Tage anhält, spare ich mir den Weg dorthin und mache mich auf den Weg über die Dardanellen, wo ich die erst im März des Jahres eingeweihte Brücke nutze, um geografisch wieder nach Europa zu kommen. Es handelt sich um die Hängebrücke über die Dardanellen (1915 Çanakkale-Brücke), ein imposantes Bauwerk mit dem weltweit größten Abstand zwischen den beiden Stützen (2.038 m).

1915 Çanakkale-Brücke – Foto von Zafer
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Doch statt nach Osten abzubiegen, fahre ich weiter nach Norden und erreiche bald Edirne, das alte Adrianopel mit dem Grenzübergang in die EU – d.h. Wartezeit ca. 1 Stunde.

Stau an der Grenzstation zu Bulgarien

Nun bringt mich die Donau nach Hause, ist mein Gedanke. Meine Route führt mich deshalb durch Bulgarien direkt an die Donau. Doch auf ihrem Weg nach Norden stehen ihr schon bald die Karpaten im Weg. In hartnäckiger und intensiver Kleinarbeit hat sich der Strom durch das Gebirge gefressen und einen 100 km langen Durchbruch – das Eiserne Tor – geformt.

Das Eiserne Tor auf der rumänischen Seite – und gegenüber ist Serbien

Fotos vom Eisernen Tor

Kurz vorher überquere ich den breiten Strom und durchfahre dieses Naturschauspiel auf der rumänischen Seite. An der engsten Stelle ist der Durchbruch etwa doppelt so breit wie der Donaudurchbruch in Kelheim und auf der gegenüber liegt das serbische Ufer. Es geht ganz schön eng zu in der Ecke.

Timișoara in Rumänien der Balaton – Plattensee – und Sopron in Ungarn liegen auf meinem Heimweg und durch Österreich nehme ich, eher untypisch für einen Motorradfahrer, die Autobahn – es ist schon spät im Jahr, das Wetter ist zwar noch fein, aber unbeständig. 

Ein Motorradjahr mit mehr als 27.000 km Reisen an die Extreme Europas liegt hinter mir. Wieder eine Sammlung wunderbarer Erfahrungen zu dritt, zu zweit und alleine. So lege ich die Klamotten zufrieden zur Winterruhe – vorher kommen sie natürlich noch in die Waschmaschine – und freue mich auf eine neue Motorrad Saison.

Bei den Mitfahrern möchte ich mich recht herzlich bedanken für die gute Gesellschaft, die Freundschaft und Unterstützung. Ich hoffe ihr hattet nicht zu große Mühe mit mir und werdet die gemeinsamen Fahrten in wohlwollender Erinnerung behalten.

So beende ich hier das Unternehmen ‚ Das Magische Dreieck Europa‘ und wünsche uns allen ein baldiges Wiedersehen und bis dahin eine gute Zeit.

Das Magische Dreieck Europa