Wir lassen die Stadt hinter uns und fahren in Richtung Westen, in die Provinz „Pinar del Río“. Genau genommen ist das Tal von „Viñales“ unser Ziel. Tabakfelder und bizarre Felsformationen soll es dort geben und so machen wir uns gespannt auf den Weg.
Etwa auf halbem Weg besuchen wir in den Bergen der „Sierra del Rosario“ das kleine Dorf „Las Terrazas“. In ein ehemals für den Kaffeeanbau abgeholztes Terrain, begann man in den 1960er Jahren ein Dorf aus der Retorte zu bauen.
Die hier angesiedelten Menschen hatten den Auftrag, die Gegend wieder zum Urwald zu machen und so startete ein langjähriges Wiederaufforstungsprogramm. Es wurde mit hoher Professionalität betrieben und führte zur Anerkennung als Biosphären Reservats durch die UNESCO. Unter Berücksichtigung der durch die Abholzung entstandenen Schäden legte man das Dorf auf künstlichen Terrassen an – daher der Name des Dorfes, so dass die Erosion nicht fortschreiten konnte. Mit der Ansiedlung der Waldarbeiter, Kleinbauern und Wildschützer entstand der Kern der Siedlung, die heute auf ca. 1.000 Einwohner angewachsen ist.
Dazu kamen im Laufe der Zeit ein Hotel, das ein oder andere Restaurant und Café und ein kleiner Stausee für die Wasserversorgung. So entstand mitten im Naturschutzgebiet ein kleines Zentrum für sanften Tourismus in dem Besucher Flora und Fauna der Bergregion erleben können.
Auch wir unternehmen eine etwa zweistündige Wanderung durch den Wald. Der örtliche Guía, ein Wildhüter, erzählt uns eine Menge über die Pflanzen- und Tierwelt dieser Gegend.
Ganz erstaunt sind wir darüber, wieviel wir von den Einheimischen über die medizinischen Anwendungen diverser am Wegesrand stehender Heilpflanzen erfahren, das Wissen darüber scheint immer noch sehr präsent und für die Medizin wichtig zu sein.
Wir freuen uns über die exotischen Pflanzen und Vögel, die wir im Wald zu sehen bekommen, doch am meisten staunen wir über die Improvisationskunst der Kubaner. Im Dorf führt uns ein Mechaniker die „Inovación“ vor. Sie soll das vor uns stehende Motorrad sein. Ungläubig stehen wir davor und können auf den ersten Blick nichts wirklich Neues entdecken. Auf den zweiten Blick jedoch und unterstützt durch gesten- und wortreiche Erklärungen des Mechanikers erschließt sich die Neuerung im Motorradbau auch für uns.
Wir haben ein mit einem Dieselmotor betriebenes Motorrad vor uns und was es so innovativ macht ist, dass es sich bei der Maschine um den Motor einer Bewässerungspumpe handelt. Er wurde so verändert, dass er nun ein Motorrad antreibt – ‚Dual use‘ , wie die Techniker sagen würden und aus der Not eine Tugend machen, hier erleben wir es live.
Dass so ein Fahrzeug auch richtig fährt, sehen wir kurze Zeit später auf der Dorfstraße, als ein baugleiches Motorrad an uns vorüber dieselt.
Nach Viñales sind es noch 150 km, die wir auf der gut ausgebauten, aber wenig befahrenen Autobahn schnell hinter uns lassen.
Am Morgen zeigt uns Floyd, unser Guía (Fremdenführer) auf einer Wanderung durch das Viñales-Tal die Naturschönheiten seiner Heimat. Zum Auftakt bringt er uns aber erst einmal zu einer Höhle, die mitten durch einen dieser malerisch aufragenden Kalksteinblöcke führt und zeigt uns danach, wie die Bauern den Tabak anbauen, trocknen und verarbeiten.
80 % der Ernte, so erfahren wir, müssen sie an die Lagerhäuser der Regierung zu einem festgesetzten Preis liefern, den Rest dürfen sie selber verwenden und vermarkten. Und so kommt es, dass uns ein Bauer, an dessen Hof wir vorbei kommen, in sein Haus einlädt und uns vorführt, wie er seine Zigarren herstellt.
Am Küchentisch dreht er kunstvoll eine Zigarre und bietet sie auch, gleich einer Friedenspfeife an, einen Zug davon zu nehmen.
Durch die besondere Fermentierung unseres Gastgebers unterscheidet sich der Geschmack dieser Zigarre bemerkenswert von dem der Zigarren aus staatlichen Manufakturen – einige sagen zu ihrem Vorteil – so dass er gleich ein paar Päckchen zu je 10 Stck., in ein Palmblatt eingewickelt und in Plastik verpackt, unter die Leute bringen kann.
Natürlich sind Zigarren mit den klingenden Namen „Cohiba“, „Fonseca“ oder „Bolivar“ viel berühmter und auch sehr viel teurer, besser sind sie nicht immer, aber über Geschmack kann man ja bekanntlich nicht streiten.
Was die aktuelle Ernte anbetrifft, so beginnen die Pflanzen erst zu wachsen. Sie wurden vor ca. 4 Wochen gesät und werden ca. Mitte März geerntet. Wir kommen also in der für die Bauern etwas ruhigeren Zeit.
Ein besonderes Highlight an diesem Nachmittag stellt unser Besuch bei einem Kollegen des Tabakbauern dar. Er ist auch Spezialist für Ananas, die Kubaner sagen Piña dazu. In der Umgebung finden sich auch Kokospalmen, deren Milch mit feinen Raspeln gemischt den zweiten Grundstoff für eines der verführerischsten Getränke Kubas ergibt. Die dritte Zutat, weißen Rum, ist in jedem kubanischen Haushalt in ausreichenden Mengen vorrätig. Und da der Gefrierschrank auch noch Eiswürfel hergibt, kommt es, dass wir am Ende unserer Exkursion den feinsten Piña Colada serviert bekommen, den wir während unseres gesamten Aufenthalts auf der Insel getrunken haben.
Auch in diesem Fall streiten wir nicht über Geschmack, die ganze Truppe war einhellig der Meinung, die (bisher) beste Piña Colada getrunken zu haben. Für mich war es die beste überhaupt.
Mit einem letzten Blick zurück verabschieden wir uns von der wunderschönen Gegend. Unsere Reise geht weiter.
Die nächsten Ziele liegen im Süden – es sind Cienfuegos, Trinidad und die Topes de Colantes.