Tachostand: 5094 km
Ein wenig wehmütig verlassen wir Chicago, eine Stadt in deren Mauern wir uns wohl gefühlt haben.
Wir richten unseren Kompass nach Westen aus, genau wie die Siedler das vor gut 150 Jahren auch gemacht hatten. Zuerst erreichen wir den Mississippi, der in Dubuque bereits so breit ist wie die Donau in Budapest und überqueren ihn zum letzten Mal auf unserer Reise über eine schon 70 Jahre alte und daher etwas antiquiert aussehende, durchgängige Stahlbogen-Fachwerkbrücke. Viele Brücken im Land sind schon sehr alt und erwecken nicht mehr den Anschein, als wären sie voll in Schuss. Wir kommen aber ohne Schwierigkeiten drüber und sehen uns vor einer gut 1500 km langen Strecke durch den Mittleren Westen.
Sie führt immer nach Westen, also Kurs 270° und keine wesentlichen Richtungsabweichungen. Für unsere Reifen heißt das: in der Mitte stark bleiben!
Stundenlang fahren wir vorbei an fruchtbarem Ackerland auf dem gerade ca. 30 cm hoher Mais steht – überall!!
Es ist weit und breit keine andere Frucht zu sehen. Unsere amerikanischen Freunde sagen uns, dass der Großteil des Maises nicht zum Verzehr gedacht ist, sondern als Rohstoff für die Chemie-Industrie dient. Es werden davon alle möglichen Dinge, bis hin zu Frühstückstellern und Suppentassen für Hotels, hergestellt.
Bei der Gelegenheit kann ich vielleicht einschieben, dass wir, ganz im Gegensatz zu unseren lukullischen Höhenflügen in Chicago, fast nirgends unbearbeitete, also ganz natürliche Lebensmittel erhalten. Alles was so auf dem Markt ist, wurde auf die eine oder andere Weise ‚processed‘, also verarbeitet. Nur ein Beispiel ist ‚whipped butter‘, die aufgeschlagen, also irgendwie ‚leichter‘ gemacht wird. Wir haben uns noch an so manches zu gewöhnen.
Diese Gedanken kommen uns, als wir die endlos scheinenden Strecken in nur eine Richtung fahren.
Ein weiteres Phänomen beobachten wir: im Laufe des Tages werden wir ganz langsam aber ohne Erbarmen von der Sonne überholt. Am Morgen werfen wir den Schatten vor uns auf die Strasse, er wird am Vormittag immer kürzer und wandert auf unsere rechte Seite. Am Nachmittag verschwindet er dann nach hinten, während die Sonne immer intensiver von vorne auf unsere Nasen scheint. Zum Glück finden wir vor dem Sonnenuntergang jeden Tag ein Hotel, so dass wir auf dem Weg zum Abendessen den Sonnenuntergang erleben – Ende eines Fahrtages.
Je weiter wir nach Westen kommen, wird das Land grüner. Der Ackerbau wird durch Viehwirtschaft abgelöst und so sehen wir immer mehr große Vieherden. Die Tiere haben riesige Weiden zur Verfügung – Fachleute würden wohl extensive Viehwirtschaft dazu sagen.
Doch wie das Leben so spielt, es gibt nicht nur Sonnenschein. Auf unserer letzen Strecke über die ‚Plains‘ begegnen wir einer Tiefdruckrinne, die uns für die nächsten drei Tage nicht mehr aus ihren Klauen lässt.
Der Himmel weinte als wir in Wounded Knee vorbeikommen, wo am 29. Dezember 1890 Soldaten des 7. US-Kavallerie Regiments unter Männern, Frauen und Kindern der Minneconjou-Lakota-Sioux-Indianer unter Häuptling Spotted Elk (auch ‚Big Foot‘) ein Massaker anrichteten.
An einem Parkplatz steht eine Tafel, auf der die Geschichte aufschrieben ist und auf der das Wort ‚Battle‘ durch das W0rt ‚Massacre‘ überschrieben wurde. Dieses offene Feld erlangte 1973 noch einmal eine gewisse Berühmtheit, als militante Indianer sich gegen einen korrupten Häuptling wehren wollten. Sie nahmen Geiseln, verschanzten sich, wurden aber von FBI und der Nationalgarde nach 71 Tagen zum Aufgeben gezwungen. Auch hier ging es, vor allem im Nachgang zu der Ereignissen, nicht ohne Tote ab.
Die Leute in der nahe gelegenen, kleinen Stadt erzählten uns, dass hier immer wieder Europäer her kämen und sich für Wounded Knee interessierten und dass es sie freut, dass wir hier wären – welcome to South Dakota.
Durch den Badlands National Park fahren wir bei strömendem Regen und können in der Ferne die verwitterten Formationen der Hügel wahrnehmen – Anhalten um ein Foto zu machen, lohnt nicht.
So kommen wir in Rapid City, der Stadt der Präsidenten an.
Nicht nur, weil in der Nähe der Mount Rushmore liegt, an dem die Konterfeis von vier Präsidenten, nämlich George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln in den Berg gemeißelt wurden, sondern weil an den Kreuzungen der alten Stadt jeweils vier Präsidenten in Bronze gegossen und in Lebensgröße auf dem Bürgersteig aufgestellt sind. Ein Spaziergang im Regen bringt uns an den meisten Standbildern vorbei
und darüber hinaus sehen wir auch noch Downtown mit seinen schönen, alten Häusern.
Als es aufhört zu regnen, setzen wir uns doch noch auf das Motorrad, um Mount Rushmore zu besuchen, allerdings nur, um festzustellen, dass die Berge, die Präsidenten liegen auf knapp 1800 m ü.NN, nach wie vor in Wolken sind und daher von der Kunst am Berg nichts zu sehen ist – wir finden uns mit den Bildern ab, die ohnehin überall zu sehen sind.
Die Überquerung der Plains ist zu Ende, wir sind in den Bergen angekommen. Bevor es jedoch über die ‚Continental Devide‘ geht, wollen wir noch etwas weiter nach Süden. Auf unserem Weg liegt ein aus Kindertagen und Samstag Nachmittag ‚Bonanza‘ Filmen bekannter historischer Ort – Fort Laramie.
Wir wollen uns das nicht entgehen lassen und so steuern wir auf das ‚Fort Laramie, National Monument‘ zu .
Es ist heute ein Platz, an dem ein paar alte Häuser, wunderbar in Stand gehalten, stehen, aber auch, wo nur noch ein paar Grundmauern von Gebäuden zu sehen ist.
Das Fort war bei seiner Gründung 1840 der am weitesten in den Westen vorgeschobene Posten der Einwanderer. Ein Mitarbeiter sagte, es sei der letzte Posten der Zivilisation gewesen, weiter im Westen war unbekannte Wildnis und Indianer.
Er zeigt uns aber auch die Besetzung des Fort nach einem Zensus, der alle zehn Jahre aufgeschrieben wurde. So bestand über gut 50 Jahre – das Fort wurde 1890 aufgegeben – die Besatzung vor allem aus irischen und deutschen Einwandersoldaten.
Der Besuch ist für uns ein Blick in zwei Vergangenheiten, einmal in unsere eigene, da wir an dem Ort stehen, an dem sich (in den Filmen) der Kampf der Siedler abspielte, die Soldaten durch das Tor im Staketenwall einritten und auf dem zentralen Platze exerzierten und ein andermal in die wirkliche, lebendige Geschichte der Besiedelung Amerikas.
Wie es uns in Denver und auf den höchst gelegene Strassen in den Rocky Mountains ergeht, steht dann im nächsten Blog.
Hallo meine Lieben!
Ich hoff, dass ihr bald die Regenjacken wieder einpacken und eingepackt lassen könnt!!
„Auf Fahrtwind und Freiheit!!“ 😉
Liebste Grüße, Eure Claudi
Hallo ihr zwei,
tagelang 270 Grad gen Westen immer geradeaus für einen bayrischen Biker eine Herausforderung, aber in den Rockys schlägt das Bikerherz bestimmt wieder höher. Es ist schön von Rapid City und Fort Laramie zu hören, da kommen bei uns auch die Erinnerungen. Ich denke der Yellow Stone Nationalpark ist auch in euerm Programm.
Liebe Grüße von Erika und Gerhard
Hallo Ihr Amerikareisenden,
wer hätte gedacht, das Ihr mal amerikanischen Präsidenten so nahe kommt…. Scheint Euch aber Spaß gemacht zu haben! Weiter so, die Tour besteht ja nicht nur aus lecker Essen (in Chicago). Da es seit gestern hier in Bremerhaven heftig regnet, solltet Ihr wieder trocken unterwegs sein.. Viel Glück und weiter so!
Marianne und Dirk
Hallo Abdeckler, viele Grüße und allseits gute Fahrt.
Paul – ab morgen ist Z1 Treffen in Starnberg – ich hatte heute Gelegenheit den Vorstand zu treffen. 93 Z1 sind dann für eine Woche am Start, nur Deiner fehlt!
Grüße
Hartmut und Sandra
Hallo ihr zwei,
freut Euch schon mal auf Yellowstone. Nicht nur, weil es dort und in den umliegenden Bergen etwas mehr Kurven gibt, sondern weil das ganze Gebiet der Grand Tetons und Yellowstone echt klasse ist. Was sich da auch lohnt ist der Besuch eines echten Rodeos. Müsste eigentlich gerade Saison sein. Wir besuchten damals in Jackson Hole das Rodeo.
Also lasst es Euch gutgehen und nicht von Bären oder Bisons vom Moped holen. Viel Spaß und allzeit gute Fahrt wünscht Euch
Gerhard