Kilometerstand in Cachoeira do Bom Jesus/Ilha Santa Catarina: 21.657 km
Nachdem ich Foz de Iguaçu – ich muss mich langsam an die brasilianische Schreibweise gewöhnen, denn portugiesisch ist nochmal eine andere Liga – verlassen habe, will ich nicht die ausgetretenen Pfade, sprich Autobahn mit Zahlstellen, auch für Motorradfahrer und Polizei mit Radarpistolen, nach Osten fahren. Ich schlage mich nachdem ich Cascavel passiert habe, nach Süden in die Berge, ich meine in die Hügel. Die Landschaft erinnert, wie auch die im Osten von Paraguay, stark an das wellige Niederbayern, nur ist es hier viel weitläufiger. Die Strasse führt, bergauf und bergab, auf den Hügeln kann ich sie weit in die Ferne sehen. In den Senken komme ich an kleinen Weihern vorbei, sie sind umrandet mit Schilf, dessen Büschel von Weitem weiß leuchten.
Riesige Flächen sind mit Soja bepflanzt, die gerade ausreift – einige Felder sind bereits abgeerntet, auf anderen fahren gerade mehrere Mähdrescher um die Ernte einzubringen. Hin und wieder ist auch Mais zu sehen. Dann wechseln sich die Äcker mit Wiesen ab, auf denen weisse Rinder mit einem riesen Höcker – ist wohl eine asiatische Rasse – grasen.
Die Ortschaften, durch die ich fahre, sind schön angelegte Dörfer oder Kleinstädte und zu nichts anderem da, als für die umliegende Landwirtschaft die weitere notwendige Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Mühlen, Händler für landwirtschaftliche Maschinen, Werkstätten, Lagerhäuser, jede Menge Autohäuser, Banken und alle Arten von Geschäften.
Die Wohnhäuser haben einen Standard, den ich auf der Reise bisher noch nicht gesehen habe – hier ist Brasilien zwar landwirtschaftlich geprägt, aber sehr modern. Am Morgen kann ich sogar die ‚Senioren-Frühsport-Gruppe‘ an den Geräten beobachten. Eindeutig ‚Erste Welt‘, wenn es sowas überhaupt gibt.
Auf meiner Strecke in Richtung Atlantik komme ich durch einen kuriosen Ort. Er heißt Treze Tislas, sagt unserem Ohr erst mal gar nichts, die Übersetzung jedoch – Dreizehnlinden – hört sich sehr europäisch an. Und tatsächlich fahre ich am Eingang des Ortes durch ein Tor, das mich auf deutsch mit „Fühl Dich zu Hause“ und natürlich auch in portugiesisch „Sinta-se em casa“ begrüßt.
Hier sehen viele Häuser aus, als ob sie von Elmau, Scheffau oder der Wildschönau nach Südamerika gebracht worden wären.
Zum Mittagessen kehre ich in den Kandlerhof ein. Von der Wirtin werde ich freundlich in tirolerisch begrüßt.
Ich darf mich in den Teil des Gastzimmers setzen, in dem bereits ein Student aus Wien, ein Vespa-Fan aus Südtirol und ein Steirer sitzen. Drei ältere Damen aus dem Ort genießen auch den Mittagstisch und unterhalten sich auf tirolerisch. Zu essen bekomme ich eine Griesnockerlsuppe, Gulasch mit hausgemachten Spätzle und als Nachtisch gibt es Linzer Schnitten und Apfelstrudel mit Schlag und einen guten Kaffee dazu – ein Gedicht!
Das Wetter ist, wie auf den Bildern zu sehen, etwas regnerisch, ich habe aber Glück und bekomme nicht viel davon ab.
Weiter mache ich mich auf den Weg in Richtung Osten. Ich komme an Strassenschilder mit den Namen Brunópolis, Pomerode und später auch noch Nova Trento vorbei und als ich in das Flußtal des Rio Itajai Acu komme, kündigt ein Strassenschild das Tals der Europäer an.
Ein wenig fremd muten da die Reisfelder links und rechts der Strasse an, aber Blumenau, die Stadt mit dem größten Oktoberfest nach München, ist nicht mehr weit. Es ist Freitag Abend und wie fast überall ist auch hier der Megastau angesagt. Die deutschen Wurzeln des Ortes kann ich nicht weiter erkunden,denn spät komme ich ins Hotel und früh geht es wieder weiter nach Cachoeira do Bom Jesus, auf Santa Caterina, der Insel mit den weißen Stränden.
Weiter geht es in Richtung Uruguay, der Schweiz Südamerikas, wie es einmal hieß.