
Wir starten auf eine Runde in den Südwesten der Insel, zum Mount Taranaki. Unsere Strecke führt an diesem Tag über die Range noch Whanganui. Vorher müssen wir in Masterton zum vtnz (Vehicle Test New Zealand – hier von der DEKRA) um weitere 3 Monate Zulassung für die HP2 zu holen.

In Whanganui übernachten wir am Fluss ‚Riverside Motel‘ und sind zum Abendessen in der Stadt im ‚Mud Duks‘. Eine Lammkeule ist die Belohnung für den Tag.

Am nächsten Tag geht es dann richtig zur Sache, denn die ersten 80 km fahren wir erstmal auf Sandstraßen (Gravel Roads) durch die Berge. Dabei lerne ich die HP2 kennen und hab mit ihr zum ersten Mal ein echtes Wettbewerbsmotorrad unter mir. Kein ABS, ein großes Vorderrad (21 Zoll) mit nur einer Scheibenbremse – ein Witz, doch die hintere Bremse wirkt ausgezeichnet; kein Drehzahlmesser, doch der Sound des Motors ist mir vertraut, so kann ich die Schaltpunkte ganz gut einschätzen.

Und so geht es für den Rest der Strecke nach New Plymouth auf die Küstenstraße.
In der Stadt findet an dem Wochenende ein Maori-Fest statt, sie nennen es Kapa Haka. Dabei treffen sich etwa 20.000 Leute von unterschiedlichsten Stämmen der ganzen Nordinsel und feiern, singen und tanzen zusammen. Dieses Jahr haben sie den Mount Taranaki zur Person erklären dürfen, was für die Maori selbstverständlich und ein lange gehegter Wunsch, für die Weißen jedoch ein Ding der Unmöglichkeit war. Die Maori haben sich dieses Mal durchgesetzt.
Wir wohnen in einem Ferienpark, in einem ‚Appartment‘ mit 8 Stockbetten ;-), aber nur von uns beiden belegt.
Der nächste Tag spielt sich von morgens bis abends auf Gravel Roads ab.

Er war anfangs sehr anstrengend, weil ich hoch konzentriert fahren muss, um weder die HP2 noch mich selber in den Staub zu legen.

Wir fahren bis Mittag und kommen in der ‚Republic of Whangamomona‘ (Betonung auf dem ersten o) an.

Sie wurde anlässlich einer nicht akzeptierten Regierungsentscheidung 1989 gegründet und ist heute mehr zur Gaudi geworden, als eine ernst zu nehmende politische Einheit darzustellen. https://de.wikipedia.org/wiki/Republic_of_Whangamomona

Es bekommt jeder einen Stempel in den Pass, der ihn will




Es ist ziemlich anstrengend durch die Wildnis zu fahren, doch auch sehr lohnend, denn sich in den ‚Natural Forests‘ zu bewegen gibt mir die Gewissheit, wirklich ganz woanders zu sein. Vorbei an den typischen Farnbäumen, den endemischen Laubbäumen und dem Buschwerk ganz nah an der Straße führt unser Weg auch hin und wieder zu Häusern entweder von Maoris oder von Farmern, die hier draußen leben.

Da ist nichts von wegen Kultur, wie Theater, Konzert oder auch mal so ein Tanzvergnügen. Diese Welt zeigt sich viel näher an der Erstbesiedelung, als wir sie bei uns kennen. Es gibt noch viel unberührtes Land und die Straßen erinnern an unsere Dorfverbindungsstraßen in den 1950er und 60er Jahren.

Die Tunnels allerdings, sind so, wie sie hier gebaut wurden bei uns nicht vorstellbar. Hohe, einspurige Röhren, mit natürlichem Belag und ohne Ausweichstellen.
Hier haben vier oder fünf Generationen seit der Erstbesiedelung durch die Weißen die Wälder gerodet, um Farmland zu bekommen. Doch wurden Wälder auch wieder angepflanzt. Zuerst, um mit ’schneller Holzwirtschaft‘, damit meine ich Rodung, um danach schnell wachsendes Gehölz anbauen, um es nach 20-30 Jahren wieder zu roden, Geld zu verdienen. Bald war aber klar, dass damit kein nachhaltiges Waldmanagement entsteht. In manchen Gegenden im Norden werden deshalb nur noch einheimische Hölzer angepflanzt, es werden keine Kiefern, Redwoods oder andere Koniferen mehr in diesen Wäldern zugelassen.
Auf den Weiden sehen wir mindestens so viele Kühe wie Schafe. Die Landwirtschaft hat sich in den letzten 30 Jahren wesentlich umstrukturiert. So hatte mein Gastgeber bis vor ein paar Jahren eine Farm mit bis zu 1200 Kühen – was gar nicht mal so selten ist auf der Nordinsel. Jetzt allerdings hat er und nimmt sich die Zeit, mir mit großer Begeisterung seine Heimat zu zeigen und so folge ich ihm, wohin er mich bringt.
Ich fahre hochkonzentriert Kilometer um Kilometer hinter ihm her und wenn ich gerade ein wenig entspannen kann, stehen mir angesichts der traumhaften Umgebung auch diese Gedanken immer wieder vor Augen.

Ich kann sehen, dass dieses Land noch nicht sehr weit von dem Spruch der Siedler: „Den Ersten den Tod, dem Zweiten die Not und dem Dritten das Brot“ weg ist und dass es jetzt beginnt über die Themen der fortgeschrittenen Industrienationen zu diskutieren – Energiewirtschaft, Abfallwirtschaft, Düngevorschriften, CO2-Eintrag in die Atmosphäre usw.
Der erste Teil der Fahrt ging in den Westen, zum Mount Taranaki – in manchen alten Atlanten steht noch der Name Mount Egmont – und seine Umgebung. Unsere Route zurück führt uns durch das Akatarawa Valley, eine meist einspurige Straße die sich nicht nur im Tal durch die Berge schlängelt, sondern auch über sie hinweg. Ich bin sehr froh, dass wohl das Wetter, denn es regnet ganz leicht und auch der Wochentag alle anderen Ausflügler davon abhält die Straße zu fahren. Wir sind alleine auf der wunderschönen Strecke unterwegs und kommen in Timberlea raus, wo wir auf die ‚Passstraße‘ treffen, die ich vor 24 Jahren unbedingt fahren wollte. Dieses Mal hat uns Poseidon aber den Regen geschickt, und so taste ich mich mit der stollenbereiften HP 2, für mich ist sie zur ‚Diva‘ geworden, mehr als ich fahre den Berg hinauf und wieder hinunter und bin, wieder zu Hause angekommen, wirklich sehr froh darüber das kostbare Stück gut über den Schotter und die Berge gebracht zu haben.
Nach einem Tag Rast gibt es noch einen weiteren Ausflug. Der führt uns bis auf ein kleines Stück nur auf geteerten Straßen durchs Hinterland nach Napier.

Wunderschöne Ausblicke und auch der Platz mit dem längsten Ortsnamen der Welt lassen uns immer wieder anhalten. Kaffeepausen und Lunch mit anderen Reisenden und all dem ‚how are you doing‘, ‚where are you going’, sind immer eine willkommene Unterbrechung und auch Gelegenheit Neues zu erfahren.
Kurz vor Hastings, der Zwillingsstadt von Napier fahren wir auf den Te Mata Peak, einem Aussichtsberg, ziemlich genau 400 m über NN. Es fühlt sich an, wie die Auffahrt zur Edelweißspitze am Großglockner – enge Straße, enge Kehren, kleiner Parkplatz am oberen Ende und eine gigantische Aussicht.

Wie schon vor fast drei Wochen erliege ich dem Charme der schönen Stadt Napier.

Mit einer wunderschönen Abendstimmung verabschieden wir uns aber auch schon wieder und fahren durch die Berge zurück nach Martinborough.

Eine gute Woche mit mehr als 2.000 km auf der HP 2 liegen hinter mir – es war ganz einfach Sonderklasse.
Servus Paul, Neuseeland ist so schön, vielen Dank, daran teilhaben zu können.
Ein Traum, mit einer HP2 rund um den Mount Taranaki auf Gravel roads unterwegs zu sein. Da beneide ich Dich schon sehr.
Genieße es, Du wirst dieses Erlebnis nie vergessen.
Liebe Grüße und allseits gut unterwegs
Wolfgang